Ach, die rührende Vorstellung junger, ambitionierter Musiker, die sich in stickigen Proberäumen oder auf schlecht besuchten lokalen Gigs zusammenfinden, um das heilige Mantra des „Netzwerkens“ zu beschwören. Man sieht sie förmlich vor sich, wie sie mit unsicheren Händedrücken Visitenkarten austauschen (die meist auf dem heimischen Tintenstrahldrucker entstanden sind) und sich gegenseitig euphorisch versprechen, „mal was zusammen zu machen“. Die Illusion einer aufkeimenden musikalischen Allianz, ein Pakt der Hoffnung, geschmiedet im Angesicht der musikalischen Bedeutungslosigkeit.
Doch, meine lieben Nachwuchstalente, gestattet mir eine vielleicht unpopuläre, aber wohlmeinende Analogie: Ihr gleicht zwei Ertrinkenden, die sich angestrengt darüber austauschen, wie man denn nun ein Floß zimmern könnte. Beide mit dem Wasser bis zum Hals, die Füße strampelnd im luftleeren Raum, aber die rettende Planke – geschweige denn das Flößholz – ist nirgends in Sicht.
Was soll denn dabei wirklich herauskommen, außer einer kollektiven Verlängerung des eigenen Elends? Zwei Bands, die beide darum kämpfen, überhaupt von mehr als der eigenen Fangemeinde (bestehend aus Eltern, Freundin/Freund und dem einen enthusiastischen Nachbarn) wahrgenommen zu werden, wollen sich gegenseitig nach oben ziehen? Die Logik dahinter ist so fragil wie ein Gitarrensolo nach dem dritten Bier.
Natürlich, die Idee klingt im ersten Moment charmant. Man supportet sich gegenseitig bei Konzerten, teilt die spärlichen Follower auf den sozialen Medien und verspricht sich gegenseitige Promotion. In der grauen Realität sieht es aber oft so aus: Beide Bands spielen vor einer Handvoll Leuten, die ohnehin nur für die jeweils andere Band da sind (und gelangweilt auf den Auftritt der „eigenen“ warten). Die geteilten Social-Media-Posts verpuffen im digitalen Rauschen, und die versprochene Promotion beschränkt sich auf ein halbherziges „Checkt mal Band XY aus!“ in der eigenen Story, die nach 24 Stunden wieder im Nirvana des Internets verschwindet.
Die Wahrheit ist: Echte Durchbrüche entstehen selten durch das kollektive Jammern derer, die sich im selben Boot (oder besser gesagt: im selben sinkenden Kahn) befinden. Was junge Bands wirklich brauchen, ist nicht das Schulterklopfen der Leidensgenossen, sondern der Kontakt zu Leuten, die tatsächlich Türen öffnen können: Booker mit Reichweite, Label-Leute mit Visionen und Budget, Journalisten mit einer Plattform.
Das soll nicht heißen, dass man unfreundlich zueinander sein soll. Eine gewisse Kollegialität ist immer angebracht. Aber die naive Vorstellung, dass sich zwei Bands, die beide noch am Anfang stehen und kaum eine nennenswerte Anhängerschaft haben, gegenseitig in den Olymp der Musik katapultieren können, ist eben das: eine naive Vorstellung.
Konzentriert euch auf eure eigene Musik, auf eure eigene Weiterentwicklung, auf den Aufbau einer echten Fanbase, die über den Freundeskreis hinausgeht. Nutzt eure Energie nicht primär für das „Netzwerken“ mit anderen Ertrinkenden, sondern sucht nach den Rettungsbooten und denjenigen, die sie steuern können. Die musikalische Welt ist kein Ponyhof, und der Weg nach oben ist oft ein einsamer – zumindest am Anfang. Also, rudert fleißig in eure eigene Richtung, und vielleicht, ja vielleicht, kreuzen sich eure Wege eines Tages mit denen, die euch wirklich weiterbringen können – nicht nur mit denen, die genauso verzweifelt nach Halt suchen.