In den Annalen der Rockgeschichte gibt es wenige Acts, die das Konzeptalbum so konsequent und kunstvoll kultiviert haben wie The Alan Parsons Project. Unter der visionären Führung des Produzenten und Toningenieurs Alan Parsons (bekannt für seine bahnbrechende Arbeit an Pink Floyds „The Dark Side of the Moon“) und des Songwriters Eric Woolfson, avancierte das Projekt in den 1970er und 80er Jahren zu einem Synonym für intellektuell anspruchsvolle, klanglich makellose und thematisch tiefgründige Musik. Jedes ihrer Alben war eine sorgfältig kuratierte Erkundung eines bestimmten Themas, oft durchzogen von mystischer Symbolik und philosophischen Fragestellungen.

Ein einzigartiges künstlerisches Modell

The Alan Parsons Project unterschied sich von traditionellen Bands. Es war ein Studio-Projekt, bei dem Parsons und Woolfson das kreative Kernteam bildeten und für jedes Album eine wechselnde Riege von Session-Musikern und Sängern engagierten. Diese Struktur ermöglichte eine enorme Flexibilität und erlaubte es ihnen, das musikalische Arrangement und die Instrumentierung perfekt an das jeweilige Konzept anzupassen, ohne an feste Bandstrukturen gebunden zu sein.

Die Alben waren nicht nur akustische, sondern auch visuelle Erlebnisse. Die ikonischen Artworks, oft von der legendären Designschmiede Hipgnosis gestaltet, waren integraler Bestandteil der Konzeptualisierung und luden den Hörer ein, tiefer in die thematische Welt einzutauchen.

Die Meisterwerke der Konzeptkunst: Eine Auswahl

Jedes Album von The Alan Parsons Project ist eine eigene, thematisch geschlossene Welt:

  • „Tales of Mystery and Imagination“ (1976): Das Debütalbum war eine brillante Hommage an die düstere und psychologisch dichte Literatur von Edgar Allan Poe. Von „The Raven“ bis „The Fall of the House of Usher“ wurden Poes makabre Geschichten und seine Auseinandersetzung mit Wahnsinn, Tod und dem Übernatürlichen musikalisch neu interpretiert.
    • Mystische Symbolik: Das Albumcover von Hipgnosis zeigte eine in Tonband gewickelte, mumienartige Figur, die nur teilweise den Schriftzug „Tales of Mystery and Imagination“ erkennen lässt. Diese Symbolik der „Entombment“ (Eingrabung) verweist direkt auf Poes Obsession mit dem Begrabenwerden bei lebendigem Leibe, wie in „The Premature Burial“. Gleichzeitig ist der „taped man“ eine Anspielung auf den Produktionsprozess des Albums im Studio – ein ironischer Verweis auf die Künstlichkeit des Mediums, das doch so tiefgründige Geschichten erzählt. Die aufwendig gestalteten Illustrationen im Booklet vertieften die beklemmende Atmosphäre und führten den Hörer visuell durch Poes Erzählungen.
  • „I Robot“ (1977): Inspiriert von Isaac Asimovs berühmten Science-Fiction-Romanen, erkundete dieses Album die komplexe Beziehung zwischen Mensch und Maschine, die potenzielle Tyrannei der Technologie und die philosophischen Implikationen künstlicher Intelligenz. Es stellte die Frage, wo die Grenze zwischen Schöpfer und Schöpfung verläuft.
    • Mystische Symbolik: Das ikonische Cover zeigt einen Roboter auf einer Rolltreppe, die scheinbar von Menschen bewohnt wird – ein Sinnbild für die subtile, aber unaufhaltsame Infiltration der Maschinen in unser tägliches Leben. Die menschlichen Gesichter, die sich im glänzenden Kopf des Roboters spiegeln oder in seinen Schaltkreisen angedeutet sind, verdeutlichen die zunehmende Abhängigkeit oder sogar Verschmelzung der beiden Spezies. Die futuristische Ästhetik des Covers betonte die Fragen nach Kontrolle und Evolution im digitalen Zeitalter.
  • „Pyramid“ (1978): Mit diesem Album wagte sich das Projekt in die faszinierende Welt der Mystik des alten Ägypten, der „Pyramidenkraft“ und des Okkultismus, Themen, die in den späten 70ern populär waren. Es reflektierte über die menschliche Faszination für das Unerklärliche und die Suche nach spiritueller oder verborgener Macht.
    • Mystische Symbolik: Das Cover ist ein Meisterwerk der visuellen Ironie. Es zeigt eine gigantische Pyramide in einer Wüstenlandschaft, die sich an einer riesigen Fuge öffnet und den Blick auf ein gleißendes, modernes Casino freigibt. Diese Darstellung ist eine brillante und humorvolle Kritik an der Kommerzialisierung und dem Missbrauch von Mysterien und alten Weisheiten für profane Zwecke wie das Glücksspiel. Der innere Einband zeigte Alan Parsons selbst im Pyjama, wie aus seinem Kopf halluzinatorische Dampfspuren aufsteigen – eine augenzwinkernde Selbstreferenz auf die esoterischen Themen, die das Album erkundete.
  • „Eve“ (1979): „Eve“ war eine tiefgehende Auseinandersetzung mit den weiblichen Archetypen, der Verführung, dem Verlust der Unschuld und dem komplexen Konflikt zwischen den Geschlechtern. Das Album erkundete die verschiedenen Facetten der weiblichen Erfahrung.
    • Mystische Symbolik: Das Cover zeigt drei in Schleier gehüllte Frauenfiguren, deren Gesichter von Dornen gekrönt sind, die von den Schleiern herabhängen. Diese starke, ambivalente Symbolik kann sowohl die Schönheit und Anziehungskraft der Frauen als auch das Leid, die Versuchung oder die Gefahren, die mit weiblicher Macht oder der patriarchalen Unterdrückung verbunden sind, darstellen. Es ist eine düstere und gleichzeitig faszinierende Metapher für die Komplexität des Themas.
  • „The Turn of a Friendly Card“ (1980): Dieses Album tauchte in die Welt des Glücksspiels, des Schicksals und der Abhängigkeit ein. Es beleuchtete die menschliche Neigung, alles auf eine Karte zu setzen, die Illusion der Kontrolle und die verführerische Natur des Zufalls.
    • Mystische Symbolik: Die Symbolik des Spiels, des Zufalls und der damit verbundenen menschlichen Schwächen zog sich durch alle Songs und das Artwork. Das Cover zeigt eine aufwendige Spielkarte, die sowohl Stärke als auch Zerbrechlichkeit und die unergründliche Natur des Schicksals symbolisiert. Die feinen Details und die grafische Präzision des Covers unterstreichen die obsessive Natur des Themas.

Das bleibende Erbe

The Alan Parsons Project hat mit seinen Konzeptalben eine einzigartige Nische in der Musikgeschichte geschaffen. Ihre Fähigkeit, komplexe Themen in zugängliche, aber dennoch kunstvolle Musik zu verpacken, und dies durch eine kohärente visuelle Ästhetik zu verstärken, bleibt bemerkenswert. In einer Zeit, in der Musik oft nur noch als Hintergrundrauschen dient, erinnern uns die Werke von The Alan Parsons Project daran, dass Alben einst ganze Welten sein konnten – Welten, die darauf warteten, entdeckt und entschlüsselt zu werden, und die noch heute mit ihrer mystischen Symbolik faszinieren.