Einleitung
In den späten 1980er Jahren vollzog der VEB Klingenthaler Harmonikawerke in der DDR einen bemerkenswerten technologischen Sprung. Mit dem Vermona SK 86 verließ man die vertrauten Pfade analoger Orgeln und Synthesizer, um in das Segment der modernen Entertainment-Keyboards vorzustoßen. Ab 1987 in Serienproduktion, stellte das SK 86 nicht nur ein technisches Statement im Ostblock dar, sondern ist heute, trotz seiner ursprünglichen Ausrichtung auf Tanzbands und Alleinunterhalter, ein rares und begehrtes Sammlerstück.

Design und Technik: Solide und Volldigital
Das auffälligste Merkmal des SK 86 war seine kompromisslose Bauweise. Mit einem Gewicht von stolzen 15 Kilogramm signalisierte das Gehäuse: Hier steht ein solides, langlebiges Instrument. Diese robuste Verarbeitung unterscheidet es von vielen der leichten Plastik-Keyboards, die zur gleichen Zeit aus Japan (Casio, Yamaha) den Markt fluteten.
Technologisch wagte Vermona den Schritt in die volle Digitalität. Das Keyboard war ausgestattet mit:
- 16 digitalen Sounds: Obwohl die Klangpalette primär auf den praktischen Einsatz (Klavier, Orgel, Streicher etc.) abgestimmt war, um Alleinunterhalter und Tanzmusiker zu bedienen, markierte dies den Übergang von analogen zu digitalen Klangquellen in der Vermona-Linie.
- Begleitautomatik: Eine Standardfunktion für Entertainer, die es ermöglichte, vollständige Arrangements mit nur wenigen Akkorden zu steuern.
- DRM-Drum-Sounds: Der Clou war die Integration der charakteristischen, digital erzeugten Drum-Samples des legendären Vermona DRM Drumcomputers. Dies verlieh der Rhythmussektion einen unverwechselbaren, heute kultigen DDR-Klang.
Die gesamte Bedienung war übersichtlich und einfach gestaltet – ein Muss für Musiker, die das Instrument schnell und ohne komplizierte Menüs im Live-Einsatz beherrschen mussten.
Der Spagat zwischen Nische und Weltmarkt
Mit dem SK 86 versuchte Vermona, sich im Wettbewerb mit den westlichen und japanischen Giganten wie Wersi, Casio und Yamaha zu positionieren. Es war ein Versuch, die heimische Musikszene mit einem modernen, vollwertigen Instrument auszustatten, das den Anforderungen einer Tanzband oder eines Alleinunterhalters gerecht werden konnte.
Obwohl das SK 86 im Vergleich zu seinen westlichen Pendants in den Klangnuancen vielleicht nicht immer mithalten konnte, punktete es durch seine Robustheit, Verfügbarkeit im Ostblock und die Eigenständigkeit des Sounds – ein oft unterschätzter Charme, der heute von Sammlern gesucht wird.
Das Vermächtnis: Vom Gebrauchsinstrument zum Kultobjekt
Heute genießt das Vermona SK 86 den Status eines begehrten Sammlerstücks und ist auf dem Gebrauchtmarkt rar.
Der Grund für seine heutige Beliebtheit liegt paradoxerweise oft in den Merkmalen, die es einst vom Weltmarkt abhielten: der unverwechselbare Ost-Sound, die digitalen Drums des DRM und seine historische Bedeutung als eines der späten, volldigitalen Instrumente aus der DDR-Produktion.
Für Produzenten der elektronischen Musik, die den Charakter und die Lo-Fi-Ästhetik früher digitaler Klänge schätzen, ist das SK 86 ein Schatz, der eine Ära der Musiktechnologie verkörpert, die von Pragmatismus, Innovationsgeist und dem Streben nach dem Anschluss an die Weltspitze geprägt war.
